Daten und Fakten, und warum Zahlen kaum vorhanden sind


Zur Inzidenz der Harninkontinenz bei Männern gibt es nur sehr wenige Studien mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Wir können daher keine genauen Zahlen nennen, die die Verbreitung in Deutschland aktuell wahrheitsgemäß abbilden. Dennoch wollen wir im Folgenden einen Überblick über die Datenlage geben, und darüber sprechen, warum dies möglicherweise so ist.

Bei dem Thema Harninkontinenz erweist es sich als schwierig, Statistiken zu erheben, welche die Realität gut wiederspiegeln. Die Aussagen zur Prävalenz beruhen größten Teils auf Befragungen, welche wiederum mit verschiedenen Methoden durchgeführt wurden. Die Verlässlichkeit dieser Befragungen ist durch mehrere Ursachen beeinträchtigt. Einerseits gibt es keine allgemein anerkannte Definition, die einschränkt, ab welchem Schweregrad oder ab welcher Symptomdauer die Betroffenen in die Statistik aufzunehmen sind. Weiterhin gibt es auch keinen Standard, der die Einschränkungen, die durch die Inkontinenz entstehen, weiter eingrenzt. Da die Harninkontinenz immer noch einer starken Tabuisierung unterliegt, geben einige Menschen die eigene Betroffenheit in Umfragen nicht zu. Gerade bei älteren Menschen erweist es sich als schwierig, verlässliche Angaben von ihnen selbst oder ihren Angehörigen im Detail zu erhalten.

Aufgrund der genannten Problematik kam es in der Vergangenheit zu stark variierenden Ergebnissen aus verschiedenen Studien. Zusammenfassend lässt sich aber sagen, dass in jedem Lebensalter die Harninkontinenz bei Frauen deutlich häufiger ist als bei Männern, wobei der Unterschied bei unter 60 Jährigen noch größer ist als bei über 60 Jährigen. Daraus folgt vermutlich auch, dass es viele Studien gibt, die sich nur mit der weiblichen Inkontinenz beschäftigen.

Insgesamt zusammenfassend aus vielen Studien lässt sich laut Robert-Koch-Institut sagen, dass etwa 30% der über 70-jährigen Menschen von Harninkontinenz, etwa 15-20% von belastender Inkontinenz betroffen sind. Während die Inkontinenzformen bei den Frauen je nach Altersgruppe variieren, ist bei Männern die Dranginkontinenz in allen Altersgruppen die häufigste.

Zahlenmäßig sind laut Stefan Schwartze, dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten, etwa 10 Millionen Menschen in Deutschland  insgesamt von Inkontinenz betroffen. Damit sind allerdings alle Formen der Inkontinenz eingeschlossen. Diese Zahl zeigt jedoch die Wichtigkeit des Themas in Deutschland eindeutig.

Aus vielen Studien, die sich auch mit dem Schweregrad und der individuellen Einschränkungen durch die Harninkontinenz befassen geht hervor, dass die meisten Betroffenen die eigene Einschränkung als gering bis mäßig wahrnehmen. An den verschiedenen Befragungen lässt sich erkennen, dass es wichtig ist, den Schweregrad mit zu berücksichtigen. Gleichzeitig lässt sich aber auch erkennen, dass sehr viele Betroffene der Harninkontinenz diesbezüglich keine Behandlung in Anspruch nehmen.

Die Ursachen dafür sind vielfältig. Wir denken, dass die Tabuisierung des Themas, die Angst vor möglicherweise unangenehmen Untersuchungen oder davor, das Thema überhaupt beim Arzt oder bei Angehörigen anzusprechen, sowie die Unkenntnis über Behandlungsmöglichkeiten und Hilfsmittel, einen sehr großen Teil dazu beitragen.

Die Schlussfolgerung daraus ist, dass das Thema Harninkontinenz, insbesondere beim Mann, offener kommuniziert werden muss. Wir als Männer müssen uns nicht mit diesen Problemen alleine quälen, sondern können uns Hilfe suchen und dadurch die Lebensqualität bedeutend verbessern. Es gibt Behandlungsmethoden und Hilfsmittel, mit deren Hilfe man den Alltag in der Regel gut bewältigt bekommt. Folglich sollte auch von Seiten der Wissenschaft ein größeres Augenmerk darauf gelegt werden, den Mann mit in Studien zur Harninkontinenz einzubeziehen.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Kommentare

Eine Antwort zu „Daten und Fakten, und warum Zahlen kaum vorhanden sind“

  1. Avatar von Matthias Grünewald
    Matthias Grünewald

    Vielen Dank für diesen nachdenklichen Artikel. Ich würde mich freuen, wenn Sie die im Text genannten Quellen (Robert-Koch-Institut, Beauftragten der Bundesregierung) verlinken könnten.

    Ich könnte mir vorstellen, dass es für einige Leserinnen und Leser eine Hilfe wäre, wenn Sie bei Ihrer Aussage

    „Es gibt Behandlungsmethoden und Hilfsmittel, mit deren Hilfe man den Alltag in der Regel gut bewältigt bekommt.“

    auf Ihre Artikel in der Rubrik „Interventionen“ verweisen würden.